Am 16. Januar 2017 erlag der bekannte Umweltaktivist und Menschenrechtler Isido Baldenegro López seinen Verletzungen, nachdem er am Tag zuvor angeschossen worden war. Schauplatz des Geschehens war die Gemeinde Coloradas de la Virgen im Süden der Sierra Tarahumara, die zu den Kommunen mit der höchsten Rate an Gewaltverbrechen in Mexiko gehört. Seit vielen Jahren unterstützt die Alianza Sierra Madre A.C. die indigene Bevölkerung von Coloradas de la Virgen in ihrem Kampf um Landrechte gegen die lokalen Gewalthaber. Der Blutzoll ist hoch: Seit 1973 wurden elf indigene Führer in Coloradas de la Virgen von der Mafia ermordet. Unbeirrt setzt die Alianza ihre Arbeit fort - und wir unterstützen sie dabei!

Isidro Baldenegro wurde in Coloradas de la Virgen geboren. In dieser Gemeinde leben mehr als 850 Tarahumara auf etwa fünfzig rancherías. Nur ein kleiner, landwirtschaftlich genutzter Teil der Gemeinde ist als indigenes Teritorium anerkannt, große Teile der Gemeinde - darunter die wertvollen Waldflächen - sind im Jahre 1952 als so genannter ejido ausgewiesen worden, staatliches Land, das den Bewohnern zur Nutzung überlassen ist. Als Bewohner gilt jedoch nur, wer in die Liste der ejidatarios eingetragen ist. Korrupte Lokalpolitiker haben diese Liste so manipuliert, dass die Mitglieder der indigenen Gemeinde außen vor bleiben. Seit Jahrzehnten kämpfen die Indigenen von Coloradas de la Virgen deshalb vor Gericht um ihre Landrechte. Und gegen die Abholzung der Wälder, nachdem die staatliche Umweltschutzbehörde im Jahre 2007 der Gemeinde Coloradas de la Virgen eine Lizenz zum Holzeinschlag erteilt hat. Der Rechtsstreit zieht sich seit 1992 hin, mal ergeht ein Urteil zugunsten der einen, mal zugunsten der anderen Seite. Den lokalen Machthabern ist dies ein Dorn im Auge, der Rechtsstreit behindert die finanziell lukrative Holzwirtschaft, die mit der lokalen Drogenmafia verwoben ist. Diese scheut auch vor offener Gewalt und Mord nicht zurück.

Isidro Baldenegro hatte sich über Jahre hinweg in dem Kampf der indigenen Gemeinde um ihre Landrechte engagiert. 2003 wurde er fälschlicherweise des Drogen- und Waffenbesitzes beschuldigt und in Haft genommen. Internationaler Druck - auch Amnesty International setzte sich für ihn ein - führte dazu, dass der Generalstaatsanwalt die Anklage fallen ließ und Isidro Baldenegro wieder auf freien Fuß gesetzt wurde. 2005 erhielt er für sein Engagement zur Erhaltung der Wälder seiner Heimat den renommierten Goldman Prize. Zuletzt lebte er außerhalb der Gemeinde Coloradas de la Virgen, nachdem er massive Drohungen erhalten hatte. Im Januar 2017 kehrte er kurz in seinen Heimatort zurück, um eine kranke Tante zu besuchen, wurde angeschossen und tödlich verwundet. Der Mörder - Romeo Rubio Martínez - trat ganz offen auf. Ob er von der mexikanischen Polizei und Justiz zur Verantwortung gezogen wird?

 

EllenSchriek@korima.de
Hans-WalterSchmuhl@uni-bielefeld.de